Erste Messungen der viscoelastischen Eigenschaften von humanen Linsenkernen verschiedenen Alters mittels dynamisch-mechanischer Analysen (DMA)

C. Meyer 1 , B. Abele 2, 3 , F. Soergel 2, 3 , W. Pechhold 2, 3 , H. Laqua 1

Poblemstellung Für ein verbessertes Verständnis des Akkommodationsprozesses ist die Kenntnis der biome-chanischen Eigenschaften von Linsen sowie deren Verän-derungen mit zunehmendem Alter von grundlegender Bedeutung.

Methodik Die DMA ist eine Standardmeßmethode in der Polymerphysik und wurde bereits zur Untersuchung der Kornea eingesetzt. Die Proben werden einer perio-dischen Deformation mit sehr kleiner Amplitude (1 mm– 100 mm) unterzogen. Für Frequenzen f zwischen 1 mHz und 1000 Hz wurde die Schernachgiebigkeit J (Kehrwert des Schubmoduls G) von humanen Linsenkernen gemes-sen, die aus Spenderaugen stammten.

Ergebnisse Die komplexe Schernachgiebigkeit Jp Jb PiJn besteht aus dem Realteil Jb (Speichernachgiebig-keit: elastischer Anteil) und dem Imaginärteil Jn (Dämp-fungsanteil). Im Spektrum J (f) sind Relaxationsprozesse daran zu erkennen, daß der Realteil bei steigender Fre-quenz stufenförmig abnimmt, wobei der Imaginärteil ein lokales Maximum zeigt (Kramers-Kronig-Relaxation). Relaxationsprozesse sind paraelastische Platzwechselpro-zesse von Strukturelementen – bei tiefen Frequenzen la-gern sich größere Strukturelememte um, bei höheren Fre-quenzen kleinere. So können durch makroskopische De-formation bei verschiedenen Frequenzen mikroskopisch Umlagerungen von Makromolekülen dargestellt werden. Die Relaxationen der untersuchten Linsenkerne lagen in 3 Frequenzbereichen von 1 mHz, 10 Hz und 1 kHz. Der mittlere Prozeß scheint der physiologischen Relaxations-zeit bei der Akkomodation von Linsen zu entsprechen.

Schlußfolgerung Die Linsenkerne zeigen 3 verschiede-ne Relaxationsprozesse, deren Parameter (Relaxations-frequenz, Relaxationsstärke und Prozeßbreite) sich mit zunehmendem Alter verändern. In weiterführenden Mes-sungen sollen diese Zusammenhänge an einer ausrei-chend großen Zahl von Linsenkernen genauer quantifi-ziert werden.

1 Augenklinik der Medizinischen Universität zu Lübeck 2 Abteilung Angewandte Physik der Universität Ulm 3 Institut für dynamische Materialprüfung an der Universität Ulm


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