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Die Wiederherstellung der Akkommodation im Presbyopenalter - Grenzen und Möglichkeiten
R. Guthoff, H. Schneider, A. Kirchhoff, H. Martin, H. Weeber, T. Terwee
Universitätsaugenklink Rostock, Doberanerstraße 140, 18055 Rostock
Die naturwissenschaftliche Deutung der Akkommodationsreaktion beginnt Anfang des 17. Jahrhunderts und führt 1855 zum Akkommodationsmodell von Hermann von Helmholtz. Die Helmholtz-Theorie führt die Akkommodation auf nur drei entscheidende Faktoren zurück: den Ziliarmuskel, die Zonulafasern und die elastischen Eigenschaften der Linse. Die als Antipode zur Helmhotzschen Theorie ebenfalls im 19. Jahrhundert entstandene Tscherning-Pflugk-Theorie geht davon aus, daß der Ziliarkörper die Linse nicht durch Zonula-Entlastung, sondern durch Mitnahme des Glaskörpers nach anterior verformt. Diese beiden Grundmodelle haben bis heute als Kernelemente einer Vielzahl der Akkommodationstheorien u.a. von Gullstrand, Fincham, Fisher und Coleman überlebt. Der ursprünglichen Unterteilung in lentogene und extralentogene Ursachen der Presbyopie wurde von Weale das Konzept einer multifaktoriellen Presbyopiegenese gegenübergestellt. Der 1992 von Schachar postulierten Theorie einer akkommodativ verursachten Annäherung des Linsenäquators an den Ziliarkörper mangelt es zwar bisher an einer wissenschaftlichen Akzeptanz, jedoch basiert auf ihr eines der wenigen derzeit angebotenen operativen Verfahren zur Wiederherstellung der Akkommodationsfähigkeit. Die zahlreichen Akkommodationsmodelle sind Ausdruck der bis heute anhaltenden Suche nach einem biomechanischen Modell, mit dem sich die bekannten akkommodativen Phänomene und die Entstehung der Presbyopie beschreiben lassen.
Die Wiederherstellung der Akkommodation im Rahmen der Kataraktchirurgie setzt voraus, daß die übrigen an der Akkommodation beteiligten Strukturen Linsenkapsel, Zonulafasern und Ziliarmuskel noch in der Lage sind, ihre Teilaufgaben im Akkommodationsvorgang zu leisten.
Für den Presbyopen-Rhesus-Affen scheint dies bewiesen zu sein; für den Menschen stehen eindeutige Beweise noch immer aus.
Drei verschiedene Konzepte werden experimentell und zum Teil bereits klinisch bei der Behandlung der Presbyopie verfolgt:
Die Methode von Schachar, die die Vorspannung der Zonulafasern durch intrasklerale Implantate erhöht.
Durch Kunstlinsenmodelle, deren Haptik durch Hebelwirkung die Ziliarkörperaktivität zu einer Verschiebung der Kunstlinsenoptik entlang der optischen Achse nutzen möchten. Methoden, die davon ausgehen, daß sich der verhärtete Linseninhalt durch ein geeignetes indizierbares Material ersetzen läßt, das im biomechanischen Sinn den jugendlichen Zustand wiederherstellt.
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