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Katarakt und Keratoplastik - simultane oder se-
quenzielle Operation?
Seitz B
Erlangen
Hintergrund und Ziele: Seitdem die sog. Triple-Prozedur (si-
multane perforierende Keratoplastik (PK), extrakapsuläre Kata-
raktextraktion (KE) und Hinterkammerlinsenimplantation (HKL))
seit Mitte der 70er Jahre von einigen Zentren zunehmend propa-
giert wird, besteht unter Ophthalmochirurgen Uneinigkeit über
das probate Vorgehen bei gleichzeitiger Hornhaut- und Linsen-
trübung. Das Ziel des Referates ist es, vornehmlich anhand von
Patienten mit Fuchsscher Dystrophie die Vor- und Nachteile ver-
schiedener Ansätze gegenüberzustellen und wertend zu einer
praktischen Empfehlung zu kommen. Methoden: Neben dem
morphologischen Befund und dem guten best-korrigierten Visus
darf der unkorrigierte Visus und die Binokularfunktion, die ent-
scheidend von der Refraktion abhängen, für die Beurteilung des
Erfolgs nicht außer Acht gelassen werden. Prinzipiell sind drei
mikrochirurgische Ansätze denkbar: (1) KE + HKL vor PK, (2)
simultane KE + HKL + PK = TRIPLE, und (3) KE + HKL nach PK.
Die TRIPLE kann auf dreierlei Weise erfolgen: (2.1) Standard-Pha-
koemulsifikation + HKL vor PK, (2.2) Standard-Phakoemulsifika-
tion + HKL nach Empfängertrepanation und Einnähen einer tem-
porären Silikon-Keratoprothese, und (2.3) KE + HKL via open sky.
Für das refraktive Ergebnis der TRIPLE sind einige intraoperative
Details von Bedeutung: Die Trepanation von Empfänger und
Spender von epithelial ohne Überdimensionierung mittels sog.
geführter Trepansysteme oder nichtmechanisch mittels Excimer-
laser erhält weitgehend die präoperative Hornhautkrümmung. Im
Kapselsack plazierte HKL und Transplantat sollten exakt an der
optischen Achse zentriert sein. Die Kapsulorhexis bei kontrollier-
ten intraokularen Druckverhältnissen vor der Trepanation mag
das Risiko der Kapselruptur minimieren. Irisretraktoren bewähren
sich bei insuffizienter Mydriasis. Ergebnisse: Der entscheidende
Vorteil der TRIPLE ist die schnellere visuelle Rehabilitation bei
geringerer Belastung der meist älteren Patienten. Zwei bulbuse-
röffnende Eingriffe bei Ansatz (1) und (3) bergen zweimal das
Risiko der Infektion und der suprachorioidalen Blutung. Variante
(1) setzt eine noch klare Hornhaut voraus und die Gefahr des
intraokularen Druckanstiegs nach PK scheint hierbei erhöht zu
sein. Variante (3) hat den Vorteil der gleichzeitig möglichen
Astigmatismusreduktion im Rahmen der KE durch entsprechende
Wahl des Zugangs, simultane refraktive Keratotomien oder Im-
plantation einer torischen HKL. Potentiell nachteilig sind der En-
dothelzellverlust des Transplantates und das theoretisch erhöhte
Risiko der Immunreaktion nach KE. Größere Abweichungen von
der Zielrefraktion nach TRIPLE sind möglich, lassen sich jedoch
mittels individueller multipler Regressionsanalyse für die HKL-
Berechnung bei geeigneter Trepanationsmethode zur Erhaltung
oder definierten Änderung der präoperativen Hornhautkrüm-
mung minimieren. Der Astigmatismus nach TRIPLE ist nicht hö-
her als nach reiner PK. Das Argument der exakten Berechnung der
HKL-Stärke nach PK bei Variante (3) wird bei liegenden Fäden
durch die zum Teil dramatischen Krümmungsänderung nach Fa-
denentfernung entkräftet. Selbst nach Fadenentfernung mögen
die abnormalen Verhältnisse der Vorder- und Rückflächenkrüm-
mung und/oder die irreguläre Topographie nach PK die häufige
Fehlkalkulation der HKL begünstigen. Schlussfolgerung: Die po-
stulierten besseren Aussichten für eine gute unkorrigierte Seh-
schärfe nach zweizeitigem Vorgehen werden durch eine erheblich
verzögerte visuelle Rehabilitation erkauft. Aus diesem Grund
stellt für uns die TRIPLE Prozedur mit KE via open sky die Me-
thode der Wahl bei gleichzeitiger Linsen- und Hornhauttrübung
dar. In Anbetracht der oft rasch progredienten Kernkatarakt nach
PK empfehlen wir bei älteren Patienten mit Fuchsscher Dystro-
phie einen kombinierten Eingriff bereits bei beginnender Lin-
sentrübung.
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