DGII Abstracts 2003

R82

Die akkommodierenden Kunstlinsen –
Wunsch und Wirklichkeit


Guthoff R
Universitäts-Augenklinik Rostock


Die „klinische Wirklichkeit” der sogenannten akkommodierenden
Linsen wird von Modellen mehrerer Hersteller geprägt, die zur
Brechkraftänderung des Gesamtsystems Auge von einer Axialver-
schiebung des Implantats ausgehen. Diese Mechanismen sind für
einige Fische und Amphibien als physiologisch nachgewiesen. Die
menschliche Linse bewegt sich auch im jugendlichen Alter nur
wenige zehntel Millimeter. Injizierbare Linsenmaterialien, deren
Konsistenz ziliarmuskelinduzierte Krümmungs-änderungen des
menschlichen Kapselsacks erlauben, befinden sich in tierexperi-
menteller Erprobung. Weitere material- und operationstechni-
sche Entwicklungen sind notwendig, um diesen „physiologischen
Weg” der Linsenchirurgie unter Erhalt der Akkommodationsfä-
higkeit zu eröffnen. Alle bisherigen Publikationen zu kommerziell
erhältlichen akkommodierenden Linsen verzichten zur Objekti-
vierung des Refraktionserfolges auf den Einsatz von Refraktome-
tern und bevorzugen subjektive Angaben über die Differenz zwi-
schen fern und nah. Zur Beschreibung des Akkommodationsver-
haltens kommt als einziges objektives Verfahren die Vorderkam-
mertiefenmessung zum Einsatz. Es wird akkommodationsabhän-
gig über Vorderkammertiefenänderungen in der Größenordnung
von 0,8 mm berichtet. Rechnerisch ist von einer Brechkraftände-
rung des Gesamtsystems von ca. einer Dioptrie bei einem Milli-
meter Vorderkammertiefenänderung auszugehen. Beim gegen-
wärtigen Stand der veröffentlichten Ergebnisse sind zur objekti-
ven Beurteilung des Akkommodationserfolges ähnlich wie bei
den kontrovers diskutierten Verfahren zur Presbyopiekorrektur
durch die ¾nderung der Skleravorspannung refraktometriege-
stützte Messungen zur Akkommodationsbreite dringend erforder-
lich. Nach eigenen Erfahrungen erbringen dann die so genannten
akkommodationsfähigen Linsen keine statistisch zu sichernden
Unterschiede gegenüber Vergleichslinsen mit konventionellem
Design. Subjektive Angaben operierter Patienten sprechen für
eine unterschiedlich ausgeprägte Akkommodation oder Pseudo-
akkommodation. Bei einzelnen Patienten wird von einem guten
Sehvermögen im Fern- und Nahbereich ohne zusätzliche optische
Korrektur berichtet. Größere randomisierte Studien werden not-
wendig sein, um zwischen Wunsch und Wirklichkeit der bisheri-
gen so genannten akkommodationsfähigen Linsen unterscheiden
zu können.


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